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20.01.2021Warum Reisen?
Ich habe schon lange vorgehabt, einen Text über das Reisen zu schreiben. Es ist ein verworrenes Thema, voller Gegensätze, Verblendung und Missverständnisse. Aber hinter dem ganzen Konsum, dem ganzen Schein und der ganzen Selbstinszenierung steht auch etwas ganz Anderes. Etwas Essenzielles. Der Suche nach der Wahrheit, danach zu wissen, wie die Welt wirklich ist. Nicht, wie sie sich präsentiert und uns präsentiert wird. Denn die Welt ist nicht so gefährlich, wie sie uns immer wieder gezeigt wird. Sie ist voller wunderbarer, starker, echter und fühlender Menschen. Überall. Und gleichzeitig ist die Welt so viel grausamer und ungerechter, als wir uns…
27.11.2020Khamlia Teil 5
Ich wache von einem Klopfen am Fenster auf. Unwillig drehe ich mich auf die andere Seite. Nur unter den zwei Decken ist es warm. Doch das Klopfen bleibt hartnäckig. „Oui“ rufe ich nach draußen und ziehe mich schnell an. Am Vorabend habe ich mich auf einer Mischung aus Zeichensprache, Arabisch und Französisch mit Rachea Ali zum laufen verabredet. Ich schlüpfe aus dem Zimmer in die Kälte. Rachea Ali wartet lächelnd, wie immer, hinter dem Haus. Sie trägt unter ihren Ballerinas aus Gummi warme Plüschsocken. Ihre geschmackvolle Kleidung und ihr Kopftuch sind mit einem quitschbunten Bademantel bedeckt. Sie sorgt sich, ob…
27.11.2020Khamlia Teil 4
Gestern Abend: Mohamed und ich sitzen im großem Lehmhaus. Er scheitert gerade daran, mir einen Rhythmus mit den Irkakaschin beizubringen. Mahjub kommt rein zu uns: „music lesson?“, fragt er ironisch. Zwei Mal mit rechts einmal mit links. Eigentlich ganz simpel, aber mein Lehrer schüttelt mit dem Kopf „hörst du nicht?“. Aicha erscheint in der Tür. Sie nimmt eine Trommel mit. Wir üben weiter, als Ibrahim seinen Kopf durch die Tür steck. Ibrahim, ein junger, fröhlicher Mann mit kleinen lebendigen Augen nimmt die zweite Trommel aus dem Haus. Er winkt uns mitzukommen. Vor dem Unterstand ist eine Zeltplane aufgehängt. In der…
27.11.2020Khamlia Teil 3
Es wird Nachmittag, das Licht ist jetzt schön zum Fotografieren und ich nehme meine Kamera mit in die Wüste. Die Zelte aus Ziegenfell, die zum Camp gehören, schließen gleich an kleine Dünen an. Der Boden ist trocken und in kleine, sich zusammenrollenden Teile aufgesplittert und vereinzelt finden sich kleine Bäume zwischen den Dünen. Kleine Wassermelonen wachsen zwischen den Zelten im Sand. Neben einer kleinen Pfütze gedeihen zarte lila Blumen. In der Ferne sieht man die berühmte Dünen Erg Chebbi thronen. Ein beliebtes Ausflugsziel für die vielen Touristen. Etwas weiter weg sieht man auch schwarze Berge. Ich laufe weiter in die…
23.09.2020Khamlia Teil 2
Ich sitze immer noch hier und trinke Tee. Eigentlich hatte ich mir gestern ganz fest vorgenommen, wegzufahren. Eigentlich. Es ist eine neue Touristengruppe aus Spanien angekommen. Die Nacht war kalt. Drei Decken waren nicht genug, aber mittlerweile ist es warm geworden. Ich höre aus dem großen Lehmhaus merkwürdige Musik. Die Türen sind zu. Ich denke mir nichts dabei, denn ich möchte höflich sein und das Glas (ja, marokkanischen Tee trinkt man aus Gläsern) zurückbringen. Ich betrete das Haus ohne auf Mohameds Protest zu reagieren. Drinnen herrscht eine merkwürdige Atmosphäre. Es ist dunkel und der Geruch von Räucherstäbchen erfüllt den Raum.…
22.09.2020Khamlia Teil 1
Nun bin ich schon die dritte Woche in Khamlia, in einem kleinen Dorf in Marokko. Der Wind bläst Saharastaub auf meinen Laptop, die Palmen wiegen sich im Wind. Es ist einer der seltenen Tage hier, an denen die Sonne von Wolken bedeckt ist. Sonst würde man sie hinter den Dünen untergehen sehen. Neben der Geräuschen des Windes hört man Rhythmen im Hintergrund: die Touristen sind da. Seit drei Wochen sehe ich Touristen und Reisende kommen und gehen. Oder eher gesagt - nur Touristen. Echten Reisenden begegnet man eher selten. Selbst in solchen besonderen Orten wie hier. Wenn ich hier sitze…